Aktualisierung im Dezember 2015

Schulnetzplan bis 2016/17 verlängert

Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 15.12.2015 mehrheitlich für eine weitere, also zweite Verlängerung, des 5. Schulnetzplans gestimmt. Damit gilt der derzeitige Plan bis zum Ende des Schuljahres 2016/ 17. Ganz glücklich bin ich mit der Entscheidung nicht. Ich fürchte, dass dann die berüchtigte „Aufschieberitis“ ausbricht und ständig neue Gründe vorgeschoben werden, warum jetzt keine Entscheidung zu diesem oder jenem Standort getroffen werden könne.

Herausforderungen schon im nächsten Schuljahr

Ich habe mich im Ausschuss Bildung, Kultur und Sport dafür ausgesprochen, die Schulregionen zu analysieren (Schülerzahl, Entwicklung der Einschulungen, Zustand der Gebäude, Investitionsbedarf). Das ist für die Region Kahla bereits geschehen, muss aber für alle Regionen des SHK noch vorgelegt werden. Für Kahla zeichnet sich z.B. ab, dass die Einschulungen in den beiden Grundschulen der Stadt in den nächsten Jahren sprunghaft ansteigen werden, die Schulgebäude aber viel zu wenig Platz bieten. Bei der Altstadtschule hatte dieses Problem zwischenzeitlich zu einer Trennung auf zwei Schulstandorte in der Altstadt und im Förderzentrum geführt, die mittlerweile nicht mehr praktiziert wird. Gleichzeitig haben wir in Orlamünde ein von der Stadt Orlamünde angemietetes Objekt, das in einem baulich schlechten Zustand ist.
In diesem Bereich stehen wir bereits im kommenden Schuljahr vor Herausforderungen, die nicht bis zu einer Veränderung im neuen Schulnetzplan 2016/ 17 warten können!

Schulschließungen dürfen kein Tabu sein

Möglichst schnell müssen in meinen Augen Überlegungen getroffen werden, wie schon für das kommende Schuljahr durch Veränderungen von Einzugsgebieten und Buslinien Schüler sinnvoll verteilt werden können. In einigen Schulen stehen sich die Schüler auf den Füßen, während in anderen Schulen ganze Etagen ungenutzt leer stehen. Das ist rein betriebswirtschaftlich gesehen Unsinn. Im Durchschnitt verschlingt eine Schule rund 100.000 Euro jährlich nur an Betriebskosten (Heizung, Strom, Wasser, Reinigung, etc.). Auch wenn es weh tut, darf die Schließung von Schulen kein Tabu sein.
Ich bin selbst Mutter von drei schulpflichtigen Kindern, Elternvertreterin und Vorsitzende eines Schulfördervereins. Ich weiß auch, wie wichtig eine Schule im Ort für die Bürgermeister und die Einwohner ist. Und natürlich wie sehr sich Eltern für „ihre“ Schule einsetzen, zusätzliche finanzielle Mittel akquirieren, um Dinge anzuschaffen und zu realisieren, für die es kein Budget gibt; Fördervereine, die die ganze Schuljugendarbeit (Arbeitsgemeinschaften, etc.) organisieren usw.
Durch meine ehrenamtliche Arbeit im Kreistag habe ich aber auch eine Gesamtüberblick über die Einnahmen und Ausgaben, die der Landkreis zu stemmen hat. Da meine Chefin die Thüringer Finanzministerin ist, kenne ich auch die Prognosen für die kommenden Jahre, was die Einnahmen anbelangt. Und das sieht alles andere als rosig aus. Bereits in diesem Jahr ist der Haushalt des Landkreises auf fast 95.000.000 € angewachsen. Die Zuweisungen vom Land über den Kommunalen Finanzausgleich sinken aber ständig und auch die Einnahmemöglichkeiten des Landkreises über die Kreisumlage sind begrenzt. Denn wenn die Gemeinden belastet werden, steht in den Dörfern und Städten weniger Geld für die eigenen Aufgaben zur Verfügung. Das ist ein Teufelskreis, aus dem wir nur herauskommen, wenn wir bei den Ausgaben angreifen. Dazu zählen mit jährlichen Gesamtausgaben von knapp 11.000.000 Euro eben auch die Schulen.

Wie geht´s weiter mit den Schulen im SHK?

Dabei können wir natürlich nicht mit dem Rasenmäher einmal alles kappen, sondern müssen uns genau überlegen, was wir tun. An unseren Grundschulen lernen im Schnitt 100 Kinder in vier Klassen, die von vier bis fünf LehrerInnen unterrichtet werden. Die Schulgebäude sind aber auf mehr als Doppelte an Schülern ausgelegt, was zu hohen Betriebskosten führt. Hinzu kommt, dass bei Ausfall von Lehrern schnell der geregelte Unterrichtsablauf gestört wird. Hat eine Schule mehr Schüler und Klassen, stehen auch mehr Lehrer am Standort zur Verfügung, um den Unterricht auch im Krankheitsfall einiger Kollegen abzudecken. Ähnlich sieht es bei den anderen Schulformen aus.
Das Gymnasium in Kahla, in dem ich 2000 mein Abitur gemacht habe, hatte zu meiner Schulzeit bis zu 700 Schüler; heute ist es die Hälfte. Auf die gesunkenen Schülerzahlen wurde bereits mit der Schließung bzw. Zusammenlegung von Schulstandorten reagiert. Diesen Weg werden wir fortsetzen müssen.
Viel mehr könnte man bereits bei der Kooperation mit anderen Landkreisen bzw. kreisfreien Städten versuchen zu erreichen. Diese Kooperation ist sogar gesetzlich verankert. Wenn wir bedenken, dass viele Schüler aus dem SHK nicht im Landkreis zur Schule gehen oder eine freie Schule besuchen und betrachten, dass wir künftig in anderen Kreisgrenzen leben, wäre es mehr als sinnvoll, sich bereits vorab mit den Nachbarlandkreisen abzusprechen.

Sich tot stellen hilft nix

Wie bereits angesprochen, fürchte ich, dass nach der mittlerweile zweiten Verlängerung des Schulnetzplanes, zukunftsorientierte Überlegungen zu unserer Schullandschaft nicht mehr stattfinden werden. Was mich daran ärgert ist, dass Investitionen in Schulen nicht mehr mit dem Schulnetzplan gekoppelt sind. Der Investitionsplan des Landkreises sieht in den nächsten Jahren an mehreren Schulen Sanierungsmaßnahmen vor. Die mögen gerechtfertigt sein, aber ist nicht in jedem Fall gesichert, dass der Standort auch künftig Bestand haben wird.
Damit werden durch Investitionen in Gebäude mehr oder weniger Tatsachen geschaffen. Denn es heißt dann: „Wir haben erst so und so viel Geld in die Schule gesteckt, da können wir sie doch nicht schließen!“ Statt also erst zu überlegen, wie die Schullandschaft aussehen soll, wird einfach losgelegt.
Und was die grundhafte Sanierung einer Schule kostet, werden wir nach der Endabrechnung bei der Regelschule Stadtroda sehen und könne es bereits bei der Gemeinschaftsschule Bürgel erahnen: Locker 6.000.000 Euro. Damit ist für andere Schulen nicht mehr viel übrig. Umso wichtiger ist eine gut durchdachte Planung.


Spreche ich mit Freunden und Bekannten über die Schulnetzplanung, werde ich meist mit einem verwunderten Blick betrachtet. Schulnetzplan? Was ist denn das? Das ist der Anlass an dieser Stelle, etwas Licht ins Dunkel zu bringen und dabei ein wenig weiter auszuholen.

Wer ist eigentlich für Bildung und Schulen zuständig?

Bildung ist in Deutschland Ländersache. Das hat mit dem sogenannten Föderalismus zu tun, also einer Aufgabenteilung zwischen dem Bund, den Ländern und den Kommunen. Für die Schulen im Freistaat ist daher das Land Thüringen zuständig in Gestalt des Ministeriums für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) unter Leitung von Dr. Birgit Klaubert (Die Linke). Das TMBJS gibt sozusagen die Leitlinien heraus, bestimmt so über die Zulassung von Schulen, z.B. Gemeinschaftsschulen, und die Einstellung von Lehrpersonal. Dem TMBJS unterstehen die Schulämter. In Thüringen gibt es davon fünf. Für unseren Landkreis ist das Schulamt Ostthüringen mit Sitz in Gera zuständig. Dort wird unter anderem das Lehr- und Hortpersonal geplant und eingestellt. In puncto Hortpersonal läuft aktuell noch das Modellprojekt „Hortkommunalisierung“, an dem viele Kreise teilnehmen und dann selbst das Hortpersonal einstellen. Der SHK nimmt nicht an diesem Modell teil.
Für die räumliche und sächliche Ausstattung der Schulen, Turnhallen und Außensportanlagen ist die Kommune zuständig, also der Landkreis oder die kreisfreie Stadt. Das bedeutet, dass Unterhaltskosten für die Gebäude und die komplette Ausstattung vom Landkreis aufzubringen sind. Dafür zahlen die Städte und Gemeinden des SHK eine sogenannte Schulumlage an den Landkreis. Der Landkreis plant darüber hinaus, wie die Schullandschaft gestaltet sein soll; die sog. Schulnetzplanung.

Und wie ist die Bildungslandschaft im Freistaat Thüringen und konkret im SHK aufgestellt?

In Thüringen lernen an 1.011 staatlichen und freien Schulen insgesamt 237.286 Schülerinnen und Schüler. Neu eingeschult wurden 17.245 Erst­klässler.

schuljahr_2015-16_data

Quelle: TMBJS

Im SHK gibt es:

  • 20 Grundschulen mit 2310 Schülern,
  • 7 Regelschulen mit 1621 Schülern,
  • eine Gemeinschaftsschule mit 317 Schüler,
  • 4 Gymnasien mit 1766 Schülern,
  • eine Berufsschule mit 438 Schülern und
  • drei Förderzentren mit 235 Schülern.

Also haben wir insgesamt 36 Schulen mit zum Teil dazugehörige Turnhallen bzw. Außensportanlagen im Landkreis. 6687 Schüleriinen und Schüler haben mit Stand Oktober 2014 im SHK eine Schule besucht (aktuelle Zahlen folgen). Quelle: Landratsamt SHK.

Was ist der Schulnetzplan?

Der Landkreis SHK muss für die räumliche und sächliche Ausstattung der Schulen sorgen. Dafür braucht er zum einen Geld (kommt von den Gemeinden und über den kommunalen Finanzausgleich vom Land) und einen Plan. Der Schulnetzplan wird für gewöhnlich alle fünf Jahre erstellt und danach überprüft. Diese Überprüfung hätte bereits im letzten Jahr stattfinden sollen, wurde aber verschoben. Daher ist der aktuelle 5. Schulnetzplan von 2011/12 bis 2015/16 für das laufende Schuljahr für weiterhin gülig erklärt worden.
Im Schulnetzplan wird nach bestimmten Kriterien (siehe unten) erfasst, wo sich welche Schulform befinden soll, um für alle Schülerinnen und Schüler ein gesetzeskonformes Lernangebot unterbreiten zu können. Dabei wird auf die Einführung neuer Schulformen Rücksicht genommen, wie bei der Gemeinsachftsschule in Bürgel, in die die Grundschule Thalbürgel integriert wurde. Des Weiteren sind gesetzliche Neuregelungen zu beachten, wie z.B. die Inklusion in den Regelunterricht und die damit verbundenen Veränderungen im Bereich der Förderschulen. Im Bereich Berufsschulen wird ein überregionaler Schulnetzplan aufgestellt, um thüringenweit ein Angebot an Ausbildungsberufen anbieten zu können. Dennoch fällt die Berufsschule Hermsdorf in den Schulnetzplan des SHK.

Wer beschließt den Schulnetzplan?

Beraten wird der Schulnetzplan in erster Linie vom Ausschuss für Bilung, Kultur und Sport, in dem ich Mitglied bin. Hinzugezogen werden der Bauausschuss und der Hashalts- und Finanzausschuss. Beschlossen wird der Schulnetzplan vom Kreistag.
Angehört werden bei den Sitzungen auch das Schulamt und andere Interessenvertreter. Ich plädiere dafür auch mit den Schulleitern und Schulleiterinnen sowie ggf. mit Elternvertretern ins Gespräch zu kommen, um eine zukunftsfähige Bildungslandschaft im SHK zu entwickeln.

Nach welchen Kriterien wird der Schulnetzplan aufgestellt?

Die Grundlage für die Bewertung bilden §38 und §41 des Thüringer Schulgesetzes, die gemeinsame Empfehlung der Thüringer Spitzenverbände und des Thüringer Kultusministeriums (1/2006) sowie die Schulbauempfehlung für den Freistaat Thüringen von 10.07.2006.

 GrundschuleRegelschuleGymnasium
KlassenMind. 4 Klassen/ SchuleIn den Stufen 7 bis 9 Bildung je einer auf Regelschul- sowie Hauptschulabschluss bezogenen Klasse bzw. KursenIn Eingangsstufe mind. 2 Klassen; in Qualifikationsphase d. gymnasiale Oberstufe Bildung von mind. 3 parallelen Stammkursen
Klassenstärke/ JahrgangsstärkeMind. 15 je KlasseMind. 36 Schüler pro JahrgangMind. 60 Schüler in Eingangsstufe
Entfernung Wohnort – SchuleMax. 8 km
(Fahrzeit 2 x 30 Minuten)
Max. 16 km (Fahrtzeit 2 x 45 Minuten)Max. 25 km (Fahrtzeit 2 x 60 Minuten)

In den Ausschüssen wird durch die Verwaltung u.a. vorgestellt wie sich die Schülerzahlen entwickeln. Dabei werden die Melderegister herangezogen und hoch gerechnet, wie viele Kinder regeleingeschult werden, also zum 1.8. eines Jahres sechs Jahre alt sind. Das ist ein bisschen wie in die Glaskugel schauen, da weder Zu- oder Wegzüge, Gastschulverhältnisse noch Rückstellungen berücksichtigt werden. Anders ist es aber halbwegs verlässlich nicht möglich. Bei den Gastschülern gibt es recht zuverlässige Schätzungen bei den Schulen, die in die Betrachtung einfließen können. gleichzeitig muss berücksichtigt werden, dass eine hohe Anzahl von Kinden, die im SHK wohnen, Schulen z.B. in Jena besuchen. Verlässliche Zahlen dazu liegen nicht vor; nach Schätzungen sind es etwa 1000 Schüler! Das entspricht der druchschnittlichen Schülerquote von drei Regelschulen! Die dahinter liegenden Gründe sollten untersucht und die Zahlen in den Planungen Berücksichtigung finden. Schließlich muss der SHK an die anderen Kommunen eine Abgabe zahlen, wenn Schüler aus dem SHK woanders beschult werden. Auch das ist Geld, welches in der Bildungslandschaft im SHK fehlt.
Neben den Schülerzahlen muss aber auch der Zustand der Schulgebäude betrachtet werden. Der Investitionsrückstand beträgt im SHK mindestens 60 Millionen Euro! Es würde bei der derzeitigen Investitionsquote etwa 100 Jahre dauern, um alle Schulen nach aktuellem Stand zu modernisieren!
Das größte Vorhaben ist die Regelschule in Stadtroda, die derzeit saniert wird. Dafür werden mehrere Millionen Euro aufgewandt. Beschlossen wurde die Sanierung in der letzten Legislatur von der damaligen Mehrheit des Kreistages. Vorschläge, eine Campuslösung zu wählen, wurden abgelehnt. Auf einem Schulcampus hätten nicht nur die Regel- und die benachbarte Grundschule, sondern auch der Kindergarten, eventl. gar das Gymnasium Platz gefunden. Mit einem Projekt hätten also alle Schulstandorte zusammengefasst und auf einen moderen baulichen Stand gebracht werden können. Wenn dieses Bauprojekt vermutlich zum Schuljahr 2016/17 abgeschlossen ist, ist die Sanierung der Gemeinschaftsschule Bürgel geplant. An allen anderen Schulen sind nach jetzigem Stand keine grundhaften Sanierungen geplant. Kleinere Maßnahmen, wie Toiletten- oder Fassadensanierungen, Instandsetzungen oder ähnliches werden in den jeweils aktuellen Haushalt eingestellt und meist im Umfang von 250.000 Euro umgesetzt.

Welche Probleme gibt es bei der Aufstellung des 6. Schulnetzplans?

Das erste Problem ist das enge Zeitfenster. Der neue Schulnetzplan sollte bis Ende 2015, damit fertig sein, damit in die Haushaltsplanungen eventl. Schwerpunktsetzungen bei notwendigen Investitionen berücksichtigt werden können. Das ist nicht realisierbar. Bis zum Ende des aktuellen Schuljahrs 2015/16 wird dann hoffentlich ein Beschluss gefasst sein. Dabei fehlen besonders überarbeitete Richtlinien aus dem Ministerium. Die Schulbauempfelhung aus dem Jahr 1997 wird derzeit überarbeitet, was auch dringend nötig ist. In der veralteten Fassung wird den Kindern z.B. nur 0,5m²/ Kind im Hortbereich an Fläche zugerechnet, was viel zu gering ist.
Zudem wird über die Zügigkeit in den Grundschulen debattiert. Das bedeutet, dass möglicherweise künftig wenigsten zwei Klassen einer Jahrgangsstufe gebildet werden müssen. In vielen Schulen in der Region sind die Grundschulen nur einzügig. Das hat Vor-, aber auch Nachteile. Momentan (Dezember 2015) sieht es nicht danach aus, dass die Zgigkeit seitens des TMBJS vorgegeben wird.
Hinzu kommt die Tatsache, dass wir in naher Zukunft eine Gebietsreform in Thüringen haben werden. Wenn wir also heute über einen Plan entscheiden, müssen wir eventuelle Änderungen der Kreisgrenzen berücksichtigen.

Gibt es Alternativen?

Wir können angesichts der Unwägbarkeiten (Zügigkeit, Gebietsreform) den derzeitgen Plan in seiner Gültigkeit verlängern. In jedem Fall sollten wir mit den Betroffenen in „kritischen“ Schulen (geringe Einschulungsentwicklung, schlechter baulicher Zusatnd, hohe laufende Betriebskosten) das Gespräch suchen und versuchen die beste Lösung für die Kinder zu finden. Eventuell können Einzugsgebiete verändert, Buslinien angepasst oder andere kurzfristige Änderungen durchgeführt werden, ohne eine Schule schließen zu müssen.