Eigentlich wäre es schön, wenn es Vereine wie den Täglich-Brotinsel e.V. gar nicht geben müsste. Dann würde unser Sozialsystem funktionieren. Ältere Menschen könnten von ihrer Rente leben, Familien hätten genug finanzielle Möglichkeiten für die tägliche warme Mahlzeit, Spielsachen oder den Klassenausflug. Dann gäbe es öffentlich geförderte Beratungsstellen für Hilfesuchende, die über staatliche Unterstützung und deren Antragstellung informieren. Oder wäre Personal vorhanden, das Familien bei der Bewältigung ihres Alltags hilft. Leider scheinen Staat und Gesellschaft in dieser Hinsicht an ihre Grenzen zu stoßen. Mittlerweile betreibt der Verein neben der Ausgabestelle in Kahla eine weitere Stelle in Stadtroda.
Was eigentlich als eine Art Selbsthilfegruppe gedacht war, die zum Thema Hartz IV und den Auswirkungen beraten sollte, entwickelte sich zu einem seit 2006 bestehenden Verein, der Lebensmittel und Sachmittel an Menschen ausgibt, deren finanzielle Mittel nicht reichen. Darüber hinaus leisten Mitglieder wie Heike Döbler Beratungsdienste, gehen zu älteren Menschen und sehen nach ihnen, bieten Hilfe und Unterstützung an. Das alles leistet der Verein aus eigenen Mitte, wie ich beim heutigen Tag der offenen Tür erfahren habe. Es gibt keine Unterstützung seitens der Stadt oder des Landkreises, keine Fördermittel des Landes oder Bundes. Noch ein Mitarbeiter ist über den Bundesfreiwilligendienst beschäftigt, aber auch diese Stelle läuft bald aus. Die Täglich-Brotinsel funktioniert fast ausschließlich über die ehrenamtliche Arbeit der „Insulaner“. „Es ist sehr viel Bürokratie zu bewältigen,“ beklagt Heike Döbler im Gespräch. Seit langem versucht sie, ein zentrumsnahes Domizil für den Verein zu finden und bittet die Stadt hier um Unterstützung. „Leider ist es schwer ein geeignetes Objekt zu finden. Die Stadt kann auch nicht finanziell helfen,“ so die Zweite Vereinsvorsitzende. Das Angebot des Vereins müsse in der nächsten Zeit aber ausgeweitet werden. Immer häufiger kommen Menschen aus den umliegenden Dörfern und bitten um Hilfe. Zudem steige die Zahl der älteren Menschen, die allein leben und über eine geringe Rente verfügen, immer weiter an. Sie vereinsamen und können sich darüber hinaus kaum ein warmes Mittagessen leisten. Daher will der Verein gern ein Mittagsangebot unterbreiten. In der jetzigen Unterkunft am Oberbachweg ist das technisch nicht möglich; die Räumlichkeiten sind zu klein und besonders für ältere Menschen kaum zu erreichen. Derzeit werden die Lebensmittel auch zu den bedürftigen Menschen gebracht, wenn sie den Weg selbst nicht zurücklegen können.
Um auf die Arbeit des Vereins aufmerksam zu machen, werden Aktionen veranstaltet, wie jetzt in der Vorweihnachtszeit „Kauf eins mehr“. Dabei werden Passanten vor Lebensmittelmärkten gebeten, einen Artikel mehr zu kaufen und an die „Insel“ zu spenden. Die Spenden werden dann zusammen gepackt und zu Wehnachten an die Inselbesucher verschenkt. In diesem Jahr spendet der SPD-Ortsverein Stoffbeutel, die dann von den Kindern bemalt werden können.
Die Arbeit der Täglich-Brotinsel ist wichtig und die Zeit und Kraft, die die Ehrenamtlichen einbringen, können nicht hoch genug geschätzt werden. Dennoch muss es Anliegen von Politik und Gesellschaft sein, dass es solche Vereine in Zukunft nicht mehr geben muss. Bis es so weit ist, sehe ich es als gesellschaftliche Verpflichtung an, sie soweit wie möglich zu unterstützen.